Schmeckefuchs ist DJ und Gründungsmitglied der Rebellion der Träumer (Label, Booking Agentur und Veranstaltungscrew) und dem Bucht der Träumer Festival. Er war an der Organisation der AfD Wegbassen Demo im Frühjahr 2018 beteiligt, wie auch bei der #unteilbar- Demonstration, die mit über 240.000 Teilnehmern zu einer der größten Demonstrationen der deutschen Nachkriegsgeschichte zählt.
Seit einigen Jahren gibt er sein Wissen an der UdK Berlin über kreatives Veranstaltungsmanagement weiter, mit Fokus auf die Förderung von geflüchteten und nicht männlichen Künstler*innen.

Fotocredit: Julius Hoheisel
Welche Vielfalt ist bei Euren Partys anzutreffen?
Unsere Hauptgenres sind Astrotechno also melodischer, oft melancholischer Techno & Tech House und über die Jahre immer stärker Darke Spielarten des Downtempo. Organische Live-Musik und andere in Berlin wenig etablierte Genres haben aber auch immer wieder einen Platz bei uns. Mir persönlich ist es wichtig, musikalisch immer wieder neuen Einflüssen Raum zu geben.
Ich finde die Dominanz von elektronischer Musik mit geradem Beat bei aller Liebe etwas ärgerlich und würde mir wünschen, dass sich auch andere Clubs und Booker*innen da mehr trauen würden. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber die fristen tendenziell ein Nischendasein.
Wenn wir über die Vielfalt der Menschen auf unseren Veranstaltungen sprechen, dann würde ich sagen, dass wir sehr heterogen aufgestellt sind. Mich hat an (ostdeutscher) Clubkultur immer begeistert, dass Klassenunterschiede verschwimmen und verschwinden. Du siehst nicht, ob die Raver*in neben dir Anwältin oder Arbeitslose ist. Deshalb ist es auch etwas, das mich antreibt, mit unseren Veranstaltungen den Entwurf einer klassenlosen Gesellschaft vorzuleben.
Für uns war es außerdem von Anfang an ein zentrales Anliegen, nicht-männlichen Artists prominente Playtime zu geben, lange bevor das ein Thema wurde. Unser Publikum hat uns das immer gedankt.
Rebellion der Träumer verbindet Clubszene mit Politik. Wie ist die Resonanz?
Wir fangen ja immer mit einer Diskussionsrunde oder einem Filmscreening an. Weil es uns wichtig ist, miteinander im Gespräch zu bleiben. Uns verbindet mehr als nur der Rave. Das Motto vom georgischen Club Bassiani „we dance together, we fight together“ ist mir sehr nah.
Die Resonanz für diese Gesprächsrunden war nicht immer gut und das war auch manchmal zäh. Mich wurmt vor allem, dass meine langjährigen Freund*innen eher zur Prime-Time als zum Diskutieren kommen. Aber das ist halt so.
Mein Eindruck ist, dass alle Berliner*innen (ich eingeschlossen) grade feiern waren, als die Stadt unter ihren Ärschen verkauft wurde. Dass in den letzten Jahren eine starke Entpolitisierung stattgefunden hat – von Leuten, die es eigentlich besser wissen sollten.
Wir haben nicht locker gelassen, dagegen anzustänkern. Langsam merken wieder mehr Leute, dass es nicht reicht,Gästeliste zu haben und Likes zu sammeln. Wir müssen aktiv werden, was machen. Sonst ist die Party hier schneller vorbei als irgendwer „Afterhour“ sagen kann.

Fotocredit: Jason Krüger
Ein großes Thema im Berliner Nachtleben: Die Türpolitik der Clubs. Wer darf rein und wer darf es nicht. Deine Kritik?
Wir möchten, dass sich auf einer Veranstaltung alle Leute sicher und frei fühlen. Dazu ist es wichtig, dass ein „Nein“ akzeptiert wird. Wer das nicht versteht, fliegt raus. Soviel ist klar.
Wir haben bis jetzt selten Leute an der Tür abweisen müssen. Das liegt auch daran, dass wir sehr gezielt kommuniziert haben und die „richtigen“ Leute Bescheid wussten, wo wir feiern.
Wir haben eher darauf gesetzt, unseren Freund*innen und Gästen Awareness zu vermitteln. Vor allem mit Hilfe von unserer Grafikerin und unserem Multitalent Agnes Raguse, die mit „Rave Awareness“ für einen bewussteren Umgang auf dem Dancefloor eintritt.
Wir haben aber auch persönlich unser Umfeld sensibilisiert, achtsam miteinander umzugehen. Dazu gehört auch, eigene Verhaltensmuster kritisch zu hinterfragen und Fehler einzugestehen.
Was muss sich in der Clubwelt verändern?
Die Clubwelt ist stark geprägt vom Spätkapitalismus. Grade in Berlin steht die Szene unter einem enormen Druck. Jeder Zentimeter Stadt ist verkauft und muss Rendite liefern. Das bedeutet auch, dass die Booker*innen angefangen haben, enorm Risikoscheu zu agieren.
Berlin ist konservativ geworden. Alles muss sofort funktionieren. Das führt dazu, dass nur gebucht wird, was gestern schon funktioniert hat. Das ist ärgerlich. Grade seit die Free-Open Air Szene durch den Senat gekillt wurde, fällt hier ein wichtiges Experimentierfeld weg, in dem neue Richtungen erschlossen werden könnten.
Rechtsruck statt Händedruck. Was ist heute wichtig?
Mir geht das Abgrenzungsbedürfnis vieler Leute auf den Senkel. Das ist für mich alles Egobeweihräucherung. Ich bin cooler als du, mein Projekt ist cooler als deins, meine Demo ist wichtiger als dein ehrenamtliches Engagement, meine Schallplatten sind cooler als deine CDJs – alles Bullshit.
Ich finde es wichtig, sich gegenseitig Raum zum Strahlen einzuräumen, andere Menschen ernst zu nehmen. Und auch mal ein anstrengendes Gespräch zu führen, wenn jemand anfängt Mist zu bauen. Sich Zeit zu nehmen für Freund*innen, denen es grade nicht so gut geht. Auch wenn es vielleicht leichter ist, einfach weiter raven zu gehen.
Spannender Einblick in eine wertvolle Kultur, für die Berlin auf der ganzen Welt geliebt wird.
Menschen die sich der Aufgabe verschrieben haben dieses einzigartige Lebensgefühl zu waren sind die Seele Berlins.
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