Wir kennen sie von verschiedenen Plattformen, wie Facebook, Instagram, YouTube, oder Twitter, auf denen sie manchmal bis zu 13 Millionen Follower haben. Als Influencer gilt eine Person in den sozialen Medien, die aufgrund ihrer Bekanntheit und hohen Reichweite von Relevanz in der Meinungsbildung bestimmter Zielgruppen ist.
Unternehmen haben Strategien entwickelt, die Internetstars für Werbezwecke zu engagieren. Die Branche „Influencer-Marketing“ ist entstanden. Auch für politische Inhalte, sieht man sie nun öfters auf dem Bildschirm. Ein Beispiel ist das Interview von YouTuber LeFloid mit Angela Merkel, oder Mr. Wissen2go, ItsColeslaw, Alexi Bexi und Ischtar Isik mit der Kanzlerin. Ebenso lässt sich Dorothee Bär mit Influencerin Diana von Löwen für Instagram knipsen.
Auf eine Kleine Anfrage der LINKEN hat die Bundesregierung eine Liste mit allen 46 Influencer-Kampagnen bereitgestellt, die im Zeitraum 2014 bis 2018 von den verschiedenen Ministerien beauftragt wurden. Eine Studie des Bundesverbands Digitale Wirtschaft und INFLURY hat 2017 ergeben, dass 16 Prozent der 14 bis 29 Jährigen ein Produkt gekauft haben, das von einem Influencer beworben wurde. Kann das Potential der Influencer auch für die Politik bedeutsam sein?
Sachar Klein hat im Rahmen der Unternehmenskommunikation mehr als 200 Influencer-Marketing-Kampagnen durchgeführt. Seine Arbeitgeber waren E-Plus, AOL und Glossybox. 2017 gründete er seine eigene Agentur hypr. Bevor er in die Unternehmenskommunikation gewechselt ist, war er u.a. als Journalist für die BILD tätig.

Zwischen 2014 und 2018 haben verschiedene Ministerien insgesamt 46 Influencer-Kampagnen ins Leben gerufen. Ein Beispiel ist die Nachwuchsgewinnung für die Bundespolizei mit Influencer Joeys Jungle und It’s coleslaw. Was sind die Gründe dafür?
Ich würde die Frage gerne zurückgeben: Wie kann es sein, dass unsere Ministerien in so einem großen Zeitraum nur so wenig Influencer-Kampagnen in Auftrag geben haben, wenn sie sehen, wie sich das Mediennutzungsverhalten von Menschen bis 30 Jahren so verändert hat? Wenn wir diese Menschen erreichen wollen, kommen wir nicht an dem Thema Influencer vorbei. Wenn wir uns die Zahlen von Zeitungen und Fernsehen anschauen, sehen wir, dass die klassischen Medien zurückgehen.
Um diese Menschen noch mit politischen Inhalten zu erreichen, beziehungsweise sie nicht aus dem politischen Raum zu verlieren, braucht es irgendeine Art der Kommunikation, die diese Zielgruppe erreicht. Die Zahl der Kampagnen ist noch deutlich zu klein und hat noch sehr viel Luft nach oben.
Bei den letzten Bundestagswahlen 2017 haben laut dem Statistischen Bundesamt unter 70% der 18-29 Jährigen gewählt. Können Influencer eingesetzt werden, um die Wahlbeteiligung zu fördern?
Ja. Die meisten Influencer sagen, dass sie nicht gerne von Politikern vereinnahmt werden, weil sie um ihre Unabhängigkeit fürchten. Dennoch wären sie auf jeden Fall bereit, an Kampagnen mitzuwirken, die dafür sorgen, dass junge Menschen Politik wahrnehmen. Ich bin mir sicher, dass das funktionieren würde.
Die BILD hat 2013 Erstwähler befragt, wen sie wählen. Der Influencer Felix von der Laden hat mit der AfD geantwortet. Aktuell hat er 3,2 Millionen Follower auf Youtube und 2,4 Millionen Follower auf Instagram. Welche Risiken sind damit verbunden, wenn Influencer politische Inhalte veröffentlichen?
Ich möchte erst mal Felix dafür loben, dass er eine ehrliche Antwort abgegeben hat, weil Influencern immer vorgeworfen wird, sie seien nicht echt. Das Authentische ist es, was Influencer erst so bekannt gemacht hat. Sie können so kommunizieren, wie sie es wollen und wie sie sind, im Vergleich zu den klassischen Medien. Es ist der Mut, authentisch zu sein. Was es braucht, ist eine gute Basisbildung, um das Gesagte auch zu hinterfragen.
Als ich selbst Jugendlicher war, haben Fußballer für mich eine Vorbildfunktion eingenommen. Es war wichtig für mich, nicht gleich alles, was sie gemacht haben, als erstrebenswert anzusehen. Nehmen wir z.B. Lothar Matthäus, als er seine fünfte Frau geheiratet hat. Ich habe mir nur die Dinge herausgepickt, die ich gut fand. Es ist nie ein guter Rat, jemanden voll zu kopieren, erst Recht nicht, wenn es um Politik geht. Zu der Mündigkeit des Menschen gehört es, zu hinterfragen. Das müssen wir bei Influencern tun, sowie beim Staat und auch bei klassischen Medien.
Sicher ist es so, dass auch Risiken damit verbunden sind. Die Frage ist dennoch immer, wie ich meine kommunikativen Ziele erreiche. Was ich sehe ist, dass das Influencer-Marketing in der Welt, in der wir heute leben, ein sehr globales Mittel ist und dass gewisse Zielgruppen angesprochen werden, die sonst nicht erreicht werden würden.
Ist es wichtig, dass Politiker in sozialen Medien stärker und selbst zu Influencern werden?
Im Vordergrund steht die Authentizität, deswegen würde ich sagen, dass braucht nicht jeder unbedingt zu sein. Bei denjenigen, die interessiert sind an Innovation und breiter Kommunikation, würde ich mit ja antworten. Ich würde jedem empfehlen, soziale Medien zu nutzen und das auch eigenständig. Es gibt aber auch Berufsgruppen, wie z.B. Politiker, die brauchen Instagram, Facebook, Twitter und Co. nicht, um Influencer zu sein. Das was sie tun oder auch nicht tun, hat bereits Auswirkungen auf Menschen und unser Leben. Somit sind sie bereits Influencer, auch wenn nicht unbedingt digitale.
Ich fände es spannend noch zu wissen, ob es in der Zukunft, nehmen wir die Europawahl oder die Bundestagswahl auch Fälle gibt, bei denen Influencer speziell mit einzelnen Parteien zusammenarbeiten. Ich gehe davon aus, dass es passieren wird. Die Frage wird sich stellen, wie man Erstwähler oder allgemein junge Wähler erreicht. Das wird nicht mit klassischen Medien passieren und somit müssen sich die Kommunikationsstrategien verändern. Wenn dieser Fall eintritt, ist die Transparenz wichtig und die Kennzeichnung des Leistungsaustauschs mit dem jeweiligen Influencern.
Es findet ein allgemeiner Medienwandel statt, den wir beobachten und an dem wir uns orientieren sollten. Meine Eltern zum Beispiel mit über 60 Jahren schauen kein normales Fernsehen mehr, sondern streamen über Netflix und Amazon Prime. Auch sie müssen über andere Kanäle angesprochen werden. Es braucht Alternativen.
Aber beeinflusst die Oberflächlichkeit und Dümmlichkeit mancher “Influencer” nicht auch die Qualität politischer Inhalte? – Das ist übrigens eine rethorische Frage 😉
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